Nachdem die Erde vor rund 4 ½ Milliarden Jahren entstand, dauerte es einige Hundertmillionen Jahre, bis sich der zunächst glühende Erdball abgekühlt und sich erste Ozeane und Landmassen gebildet hatten. Für die folgenden drei Milliarden Jahre kennzeichnete karger Fels das Land.
Der blaue Planet mit seinen grünen Kontinenten, der das heutige Bild prägt, existierte also damals in der Form noch nicht. Vielmehr waren die Bedingungen auf den Kontinenten weitestgehend lebensfeindlich: Die noch deutlich aktiveren Vulkane gaben giftige Gase in die Atmosphäre ab; das Magnetfeld war weniger stark als heute und ließ deshalb mehr kosmische Strahlung bis zum Erdboden durch; und die vor UV-Licht schützende Ozonschicht war dünner.
Das Bild änderte sich vor rund 500 Millionen Jahren mit dem Landgang der Pflanzen. Erst diese verwandelten die lebensfeindliche Umgebung, sie beschleunigten die Umwandlung der Atmosphäre und legten das Fundament für die Entwicklung des Landlebens, wie wir es heute kennen. Doch dazu mussten die Pflanzen, die zunächst nur in den Ozeanen und Süßwasser-Binnengewässern existierten, zuerst einmal das Land erobern.
Prof. Dr. Sven Gould vom Institut für Molekulare Evolution der HHU, Prof. Dr. Stefan Rensing und die Bioinformatikerin und Künstlerin Dr. Mona Schreiber von der Universität Marburg geben nun in der Zeitschrift Trends in Plant Science einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Landgang der Pflanzen. Die Arbeit wurde im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Schwerpunktprogrammes 2237 „MAdLand“ (Molecular Adaptation to Land) verfasst. MAdLand untersucht die Anfänge der evolutionären Anpassungen pflanzlicher Organismen an das Leben an Land.
Erst als vor über 500 Millionen Jahren eine streptophytische Alge durch zahlreiche molekulare und morphologische Anpassungen aus einem aquatischen Habitat zunächst in die Uferzonen und später gänzlich an Land wechselte, begannen die Kontinente zu ergrünen. In der folgenden Erdgeschichte bewiesen Pflanzen enormes Anpassungspotenzial und veränderten das Klima maßgeblich, vor allem durch eine massive Fixierung von Kohlendioxid (CO2).
Der Erfolg der terrestrischen Flora spiegelt sich besonders in der explosiven Ausbreitung der Blütenpflanzen wider, welche heute mehr als 90 Prozent aller bekannten Landpflanzenarten umfassen. Die Landpflanzen haben in der Geschichte des Planeten schon für manche klimatische Veränderung gesorgt und dabei ihr enormes Anpassungspotenzial wieder und wieder unter Beweis gestellt.
Um die evolutionären Prozesse und die molekulare Adaptionsfähigkeit besser zu verstehen, untersuchen Forschende die Genome evolutionsgeschichtlich relevanter Arten: vor allem von Moosen, Bärlappgewächsen, Farnen und manchen Algen. So sollen Mechanismen identifiziert werden, die sich im Verlauf der Evolution veränderten, um die lebensfeindlichen Bedingungen an Land abzupuffern. Diese Merkmale können auch im Kontext des Klimawandels und zur Entwicklung neuer, auf die sich ändernden Umweltbedingungen angepasster Nutzpflanzen, wichtig werden.
Prof. Gould, Letztautor der Studie, zur Rolle des Menschen in der Evolution: „In unserer – im Vergleich zu den Pflanzen – vergleichsweise kurzen Geschichte ist der Mensch für ebenso signifikante Veränderungen von Planet und Klima verantwortlich. Die sehr hohe Geschwindigkeit dieser Veränderung ist sehr problematisch, denn sie lässt der Natur keine ausreichende Zeit zur Anpassung. Mit dem Beginn von Ackerbau und Viehzucht, begleitet von beständigem Bevölkerungswachstum und der Gewinnung immer neuer landwirtschaftlicher Flächen, beschleunigen sich diese Veränderungen zunehmend.“ In diesem Kontext setzt sich das Autorenteam auch kritisch mit dem menschlichen Einfluss auf das Klima auseinander und identifiziert das Potenzial pflanzlichen Lebens für den Umgang mit den heutigen Veränderungen.
Originalpublikation
Schreiber M, Rensing SA, Gould SB, The Greening Ashore, Trends in Plant Science.
DOI: 10.1016/j.tplants.2022.05.005