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Übersichtsartikel zur Physik wechselwirkender Teilchen in „Advances in Physics“
Detektivarbeit in der theoretischen Physik

Wissenschaftliche Artikel in der Physik sind meist kurz und befassen sich in der Regel mit einem eng begrenzten Thema. Ein kürzlich von Physikern der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) in „Advances in Physics“ veröffentlichter Artikel bildet eine bemerkenswerte Ausnahme: Er ist 127 Seiten lang, zitiert insgesamt 1075 Quellen und behandelt von Biophysik bis Quantenmechanik ein breites Spektrum von Teilgebieten der Physik.

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Die Autoren des Übersichtsartikels zur dynamische Dichtefunktionaltheorie in Advances in Physics (v.l.): Michael te Vrugt und Prof. Dr. Raphael Wittkowski, WWU; Prof. Dr. Hartmut Löwen, HHU. (Fotos: WWU / Melissa Pernice; HHU / Christoph Kawan)

Bei dem Artikel, den die Physiker Michael te Vrugt und Prof. Dr. Raphael Wittkowski von der WWU gemeinsam mit Prof. Dr. Hartmut Löwen vom Institut für Theoretische Physik II der HHU verfasst haben, handelt es sich um einen Übersichtsartikel. Das Ziel von solchen auch als Review-Artikel bezeichneten Arbeiten ist es, eine Einführung in ein bestimmtes Themengebiet zu geben und den aktuellen Forschungsstand in diesem Bereich für andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammenzufassen und zu bewerten. „In unserem Fall handelt es sich um eine in sehr vielen Bereichen eingesetzte Theorie – die sogenannte dynamische Dichtefunktionaltheorie (DDFT). Da wir alle Aspekte des Themas behandeln, wurde der Artikel sehr lang und vielfältig“, erklärt Letztautor Wittkowski.

Bei der DDFT handelt es sich um eine Methode zur Beschreibung von Systemen aus einer großen Anzahl wechselwirkender Teilchen, wie man sie beispielsweise in einer Flüssigkeit findet. Das Verständnis solcher Systeme ist in zahlreichen Forschungsgebieten wie Chemie, Festkörperphysik oder Biophysik wichtig. Das führt wiederum zu einer sehr weiten Anwendbarkeit der DDFT, etwa in den Materialwissenschaften und der Biologie. „Die DDFT und verwandte Methoden sind von verschiedenen Wissenschaftlern in unterschiedlichen Kontexten entwickelt und angewendet worden. Wir haben herausgearbeitet, welche Herangehensweisen es gibt und wie diese miteinander zusammenhängen – dazu war auch viel Historiker- und Detektivarbeit nötig“, berichtet Erstautor te Vrugt.

Der Artikel ist in der Fachzeitschrift „Advances in Physics“ erschienen, welche mit einem Einflussfaktor – dem sogenannten „impact factor“ – von 30,91 die bedeutendste Zeitschrift für Review-Artikel im Bereich „Physik der kondensierten Materie“ ist. Sie veröffentlicht nur vier bis sechs Artikel im Jahr.

Bemerkenswert ist insbesondere, dass der 1979 von Robert Evans veröffentlicht erste Artikel mit Bezug zur DDFT ebenfalls in „Advances in Physics“ erschien. „Insofern ist es besonders schön, dass unser Review nun auch in dieser Zeitschrift erschienen ist“, betont Zweitautor Löwen. „Er behandelt alle wichtigen theoretischen Aspekte und Anwendungsgebiete der DDFT und wird sich damit wahrscheinlich zu einem Standardwerk in unserem Forschungsgebiet entwickeln.“

Originalpublikation

M. te Vrugt, H. Löwen, R. Wittkowski, Classical dynamical density functional theory: from fundamentals to applications. Advances in Physics 2020, 69:2, 121-247

DOI: 10.1080/00018732.2020.1854965

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Forschung News
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