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Neue Studie
Ermutigung zu digitaler Zivilcourage!

Sachliche, konstruktive und respektvolle Nutzerkommentare können dem Hass im Netz entgegenwirken. Das konnten Düsseldorfer Sozialwissenschaftler in einer gerade erschienenen Studie nachweisen. Die Ergebnisse dieser groß angelegten Inhaltsanalyse auf den Facebook-Seiten verschiedener Nachrichtenmedien zeigen, dass solche Kommentare auch in einer sehr hitzigen Diskussion dafür sorgen, dass die Folgekommentare sachlicher und weniger hasserfüllt sind. Für Nachrichtenmedien können die Befunde Anreiz sein, sachliche und konstruktive Kommentare hervorzuheben oder ihre Community dazu zu animieren, gemeinsam die Diskussionsqualität zu verbessern.

Foto: George Pagan / Unsplash

Im Rahmen der Studie haben Dennis Frieß, Marc Ziegele und Dominique Heinbach vom Institut für Sozialwissenschaften der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf knapp 3.500 Nutzerkommentare unter Nachrichtenbeiträgen von verschiedenen Medien auf Facebook analysiert. Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, ob sich die Eingriffe der Aktionsgruppe #ichbinhier in Kommentarspalten auf Facebook auf die Qualität von Nutzerdiskussionen auswirken. #ichbinhier ist eine Gruppe von ca. 45.000 Bürgerinnen und Bürgern, die sich seit einigen Jahren um eine bessere Diskussionskultur im Netz bemüht. In der gleichnamigen Facebook-Gruppe posten Administratoren regelmäßig Links zu hitzigen Debatten und fordern die Mitglieder dazu auf mitzudiskutieren. Die Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, polarisierten und hasserfüllten Diskussionen mit sachlichen und respektvollen Kommentaren entgegenzuwirken. Das Forschungsteam hat zum einen untersucht, ob die Kommentare der #ichbinhier-Mitglieder tatsächlich sachlicher, konstruktiver und respektvoller sind als die Beiträge von Nicht-Mitgliedern und zum zweiten, ob diese Kommentare eine Wirkung auf andere Kommentierende haben.

Die Ergebnisse bestätigen, dass #ichbinhier-Mitglieder tatsächlich sachlichere, konstruktivere und respektvollere Kommentare schreiben als Nicht-Mitglieder. Zudem zeigt sich, dass diese Kommentare auf die Folgekommentare „abfärben“ und damit die Qualität der Diskussionen steigern können. Für diese „Ansteckungseffekte“ ist jedoch nicht die Mitgliedschaft in der #ichbinhier-Gruppe entscheidend, sondern vor allem der sachliche, konstruktive und respektvolle Charakter der Kommentare.

In Zeiten, wo der Hass im Netz als großes gesellschaftliches Problem wahrgenommen wird, geben diese Ergebnisse Anlass zur Hoffnung: Nutzerinnen und Nutzer können einen Beitrag dazu leisten, dass Diskussionen in sozialen Medien gesitteter ablaufen, indem sie selbst sachliche, konstruktive und respektvolle Kommentare schreiben. Dabei müsse man aus Sicht der Forschenden vor allem die Menschen im Kopf haben, die die Kommentare anderer Nutzerinnen und Nutzer lesen: „Wir wissen, dass wesentlich mehr Menschen Nutzerkommentare lesen als schreiben. Unsachliche und hasserfüllte Debatten halten jedoch viele davon ab, selber etwas zu posten. So kommt es zu einer Abwärtsspirale, durch die Hass und Hetze das Diskussionsklima zunehmend dominieren. Unsere Ergebnisse zeigen, dass man diesen Teufelskreis durchbrechen kann“, resümieren die Forschenden. Ein sachlicher Kommentar, der seine Position begründet und die Meinung des Anderen nicht abwertet kann dabei helfen, die Diskussionskultur im Netz nachhaltig zu verändern. Dafür müsse man sich nicht notwendigerweise einer Gruppe anschließen.

Die Studie wurde am 25. Oktober in der Zeitschrift Political Communication veröffentlich.

Dennis Friess , Marc Ziegele & Dominique Heinbach (2020): Collective Civic

Moderation for Deliberation? Exploring the Links between Citizens’ Organized Engagement in

Comment Sections and the Deliberative Quality of Online Discussions, Political Communication,

https://doi.org/10.1080/10584609.2020.1830322

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen
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