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Forschung mit Bürgerbeteiligung
HHU fördert Projekt zum Begriff „Rasse“ sowie den Aufbau eines Archivs der Medienkulturgeschichte Düsseldorfs

Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Forschungsprojekten stärken – das ist das Ziel der jährlichen Ausschreibung in einem an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) dafür eigens geschaffenen Förderfonds. Für die aktuelle Förderphase hat ein mit externen Expertinnen besetztes Gutachtergremium jetzt zwei Projekte aus den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ausgewählt. Sie werden im Rahmen der Bürgeruniversität mit insgesamt rund 140.000 Euro unterstützt: Dr. Daniel James Țurca, Leda Berio und Benedict Kenyah-Damptey (Institut für Philosophie) forschen zum belasteten deutschen Begriff „Rasse“. Dr. Elfi Vomberg und Prof. Dr. Dirk Matejovski (Institut für Medien- und Kulturwissenschaft) bauen ein Archiv der Medienkulturgeschichte Düsseldorfs auf.

Die HHU fördert im Rahmen der Bürgeruniversität mit insgesamt rund 140.000 Euro aktuell zwei Forschungsvorhaben mit Bürgerbeteiligung. Geforscht wird in der Philosophie zum Begriff "Rasse", in der Medien- und Kulturwissenschaft wird ein Archiv zur Medienkulturgeschichte Düsseldorfs aufgebaut. (Foto: "you-x-ventures"/ unsplash)

Bei den ausgewählten Projekten sind Bürgerinnen und Bürger sowie zivilgesellschaftliche Organisationen beteiligt. Sie tragen mit ihren speziellen Fähigkeiten und ihrer Expertise zu den Forschungsergebnissen bei. Die Zusammenarbeit reicht von der Festlegung von Forschungsfragen über die Datenerhebung und deren wissenschaftliche Auswertung bis hin zur Kommunikation der Forschungsergebnisse.

Prof. Dr. Anja Steinbeck, Rektorin der HHU und Vorsitzende des Gutachtergremiums erläutert die Entscheidung: „Ich freue mich sehr, dass wir zwei wissenschaftlich exzellente Projekte fördern können, bei denen die Bürgerbeteiligung einen echten Mehrwert für die Forschung liefert. Diese Projekte leisten einen ganz wichtigen Beitrag, der Bevölkerung wissenschaftliche Prozesse und die Arbeit von Forschenden näher zu bringen und so Barrieren zwischen Wissenschaft und Gesellschaft abzubauen.“

Im Projekt „Rasse“ – Zur Aushandlung eines belasteten deutschen Ausdrucks untersuchen Vertreterinnen und Vertreter aus zivilgesellschaftlichen Organisationen mit den HHU-Forschenden die Bedeutung des Begriffs „Rasse“. Gemeinsam analysieren und formulieren sie eine Empfehlung, ob und wie die Bedeutung dieses Ausdrucks geändert werden soll. Begleitet werden soll das Projekt durch Vorträge und Diskussionsveranstaltungen.

Bei #KultOrtDUS – Die Medienkulturgeschichte Düsseldorf als urbanes Forschungsfeld sammeln, kommentieren und werten Zeitzeuginnen und Zeugen der Punk-Zeit in Düsseldorf zusammen mit den HHU-Projektverantwortlichen Archivmaterialien aus. Die Ergebnisse sollen auf einer wissenschaftlichen Tagung und in einer Publikation vorgestellt werden. Ein Instagram-Walk und Ausstellungen sind ebenfalls Teil des Programms.

„Ausschlaggebend war vor allem, dass die Forschung mit den Bürgerinnen und Bürgern auf Augenhöhe stattfindet und sie nicht nur „Forschungsgegenstand“ oder reine „Datenquelle“ sind“, ergänzt Isabel Strauß, die für das Förderprogramm zuständige Referentin.

Die geförderten Projekte im Detail:

„Rasse“ – Zur Aushandlung eines belasteten deutschen Ausdrucks

Im Sommer 2020 löste die Tötung von George Floyd, Breonna Taylor und Elijah McClain durch die Polizei in den Vereinigten Staaten eine erneute Protestwelle gegen Polizeigewalt aus. Neu war dieses Mal aber, dass der Protest auch über Deutschland hinwegfegte und infolgedessen auch hierzulande eine breite öffentliche Debatte über den heimischen Rassismus veranlasste. Ein zentraler Teil dieser Debatte betraf die Frage, ob der Ausdruck „Rasse“ aus dem Grundgesetz gestrichen, durch einen anderen Ausdruck ersetzt oder aber (in veränderter Bedeutung) beibehalten werden solle. Diese Debatte mündete im November 2020 schließlich in der Bekundung der Bundesregierung, den Ausdruck „Rasse“ im Grundgesetz durch eine andere Formulierung zum Schutz vor Rassismus zu ersetzen. Andere in dieser Debatte widersetzen sich allerdings aus praktischen – und ebenfalls ausdrücklich antirassistischen – Gründen diesem Vorstoß. Sie betonen, dass der Ausdruck „Rasse“ zur Bezeichnung eines Diskriminierungsmerkmals im Recht ein notwendiges Mittel zur Bekämpfung rassistischer Diskriminierung sei. Obwohl Debatten dieser Art keineswegs ein deutsches Alleinstellungsmerkmal sind, kommt in ihnen dennoch ein eigentümlich deutsches Unbehagen gegenüber dem Ausdruck „Rasse“ zum Vorschein, in dem die Geschichte des Nationalsozialismus widerhallt.

In der deutschsprachigen Debatte über „Rasse“ ebenso wie in der englischsprachigen Debatte über „race“ werden Fragen verhandelt, die auch in das Hoheitsgebiet der Philosophie fallen: Was bedeuten unsere sprachlichen Ausdrücke? Worauf legen sie uns fest? Wie wirken sie auf uns? Was bezwecken wir mit ihnen und was für Begriffe sollten wir im Lichte dieser Zwecke verwenden? Dennoch haben sich Philosoph*innen bisher kaum in die deutschsprachige Debatte eingebracht. Wie die derzeit sehr lebendige englischsprachige Diskussion über „race“ aber bezeugt, hätte die Philosophie zu jener Debatte einiges beizutragen.

In diesem Sinne verfolgen wir mit unserem Vorhaben zwei Ziele: Zum einen, die philosophische Debatte über „race“ auf den deutschen Kontext zu erweitern. Dies wollen wir durch eine Untersuchung der Bedeutung seines deutschen Pendants „Rasse“ erreichen. Auf dieser Grundlage wollen wir dann bestimmen, ob und wie wir die Bedeutung dieses Ausdrucks ändern oder aber ihn gänzlich streichen sollten. Dabei wollen wir den Besonderheiten des deutschen Kontextes Rechnung tragen. Zum anderen wollen wir auf diesem Wege zur rechtlichen und öffentlichen Debatte über den Begriff „Rasse“ im Allgemeinen und seine Rolle im Grundgesetz im Besonderen beitragen.

Dies wollen wir durch eine experimentell gestützte Untersuchung, Beurteilung und gegebenenfalls Verbesserung dieses Begriffs erreichen. Die Verfolgung dieser Ziele wird schließlich entscheidend von der Beteiligung seitens der organisierten Zivilgesellschaft abhängen – ganz nach dem Motto: „Those who have a stake in the outcome should also have a say in the process!“

Projektverantwortlich: Dr. Daniel James Țurca (Ansprechperson), Leda Berio, PhD., Benedict Kenyah-Damptey, MA., Institut für Philosophie. Weitere Informationen: www.philosophie.hhu.de

 

#KultOrtDUS – Die Medienkulturgeschichte Düsseldorf als urbanes Forschungsfeld

Es ist eine kurze aber intensive Geschichte, die sich Ende der 1970er Jahre rund um die Ratinger Straße in Düsseldorf abspielt: Im legendären Ratinger Hof fliegen Tierkadaver durch den Raum, und während Joseph Beuys seine Happenings in Kneipen präsentiert, schenkt Katharina Sieverding an der Theke des Creamcheese als Kellnerin Günther Uecker ein Altbier aus. Gerade einmal zehn Jahre lang trifft sich hier in der Düsseldorfer Altstadt das „Who is Who“ der Kunst- und Kulturszene; es ist eine beschleunigte Geschichte, die hier den Punk und New Wave hervorbringt und Düsseldorf für kurze Zeit zur Musikhauptstadt Deutschlands macht. Doch die offizielle Geschichte dieser Ära erscheint bei näherer Betrachtung mehr und mehr als ein Konstrukt aus Oral History und Mythen. Und: Es ist eine lückenhafte Geschichte.

Das interdisziplinäre und intergenerationelle Forschungsprojekt „#KultOrtDUS – die Medienkulturgeschichte Düsseldorf als urbanes Forschungsfeld“ möchte mit Hilfe der Stadtgesellschaft Ungesehenes zum Vorschein bringen, um gemeinsam ein breiteres, differenziertes Bild dieser besonderen Zeit Düsseldorfs, die bis heute stark nachwirkt, herauszuarbeiten. Dafür werden Akteurinnen und Akteure aus der zweiten und dritten Reihe sowie Fans und Zeitzeuginnen und Zeitzeugen eingeladen, am Aufbau eines Archivs der Medienkulturgeschichte Düsseldorfs mitzuarbeiten und Netzwerk-Strukturen gemeinsam offen zu legen.

Ziel des Forschungsprojekts ist es, das tiefer liegende, vielschichtige, differenziertere Wahrnehmungs- und Geschichtsbild der Stadt zu erschließen und der Öffentlichkeit langfristig zugänglich zu machen, indem die Beteiligten in Kooperation mit der wissenschaftlichen Forschung mit ihrem wertvollen Wissen zu Wort kommen.

Projektverantwortlich: Dr. Elfi Vomberg und Prof. Dr. Dirk Matejovski, Institut für Medien- und Kulturwissenschaft. Weitere Informationen: https://www.mekuwi.hhu.de/forschung-projekte/forschungsprojekte/weitere-projekte-und-veranstaltungen

 

Weitere Informationen zur Bürgeruniversität:

Isabel Strauß
Stabsstelle Bürgeruniversität
Isabel.Strauss(at)hhu.de
Tel.: 0211 81-10989

 

 

 

 

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, INTRANET News, Bürgeruni_News
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