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HHU-Ausgründung Tunatech
Geschlechtsbestimmung bei Stören zur nachhaltigeren Kaviarproduktion

Ein 14 Jahre alter Stör, der an der Landesfischereianstalt Born in Mecklenburg-Vorpommern gehalten wird. Zoom

14 Jahre alter Stör, der an der Landesfischereianstalt in Born gehalten wird. (Foto: HHU / Christopher Bridges)

Kaviar bzw. Störe aus Zuchtfarmen machen mit circa 99,8 Prozent heutzutage den bei weitem größten Anteil an der legalen Gesamtproduktion aus. Dies schützt auch die natürlichen Bestände dieser seltenen Tiere. Allerdings ist die Haltung der Störe sehr kostspielig und aufwändig: Je nach Art kann den Fischen erst nach 8 bis 14 Jahren – bei den besonders geschätzten Belugastören – der Kaviar entnommen werden. Ein solches Tier bringt dann 300 Kilogramm auf die Waage und liefert rund 30 Kilogramm Kaviar.

Unter Beteiligung verschiedener Institute der HHU hat das ehemalige HHU-Start-up-Unternehmen Tunatech, gegründet im Jahr 2013, eine praktikable Methode entwickelt, um einer weiteren Schwierigkeit bei der Kaviarproduktion zu begegnen: Mit ihrem sogenannten ESSD-Test („Early Sturgeon Sex Discrimination“) kann nun schon im jungen Alter das Geschlecht der Störe bestimmt werden.

Denn selbst ausgewachsene, geschlechtsreife Tiere besitzen keinerlei sichtbare Geschlechtsmerkmale, mit denen zwischen Weibchen und Männchen unterschieden werden kann. Auch haben sie – anders als Menschen – keine geschlechtsbestimmenden Chromosomen, so dass eine Geschlechtsbestimmung über einfache mikroskopische Verfahren nicht möglich ist. In den Farmen müssen also beide Geschlechter aufgezogen werden, bis sie ein Alter erreichen, in dem über aufwändige Ultraschalluntersuchungen das Geschlecht festgestellt werden kann. Deshalb liefern nur 50 Prozent der aufgezogenen Tiere die wertvollen Fischeier.

Für den molekularbiologischen ESSD-Test wurden genetische Marker bei Stören gesucht, mit denen schon bei Jungtieren das Geschlecht nachgewiesen werden kann. Heraus kam für drei Störarten ein Referenzdatensatz weiblicher und männlicher Tiere, in dem die Forschungsgruppe eindeutige geschlechtsspezifische Marker für weibliche Tiere identifizieren konnte.

Beteiligt daran war neben der Arbeitsgruppe Ecophysiology um Prof. Dr. Christopher Bridges das Genomics & Transcriptomics-Labor am Biologisch-Medizinischen Forschungszentrum um Prof. Dr. Karl Köhrer und das Institut für Populationsgenetik von Prof. Dr. Laura Rose. Die Tiere wurden an einer Störfarm in Moldawien und an der Landesfischereianstalt in Born in Mecklenburg-Vorpommern – hier unter anderem auch von HHU-Studierenden – untersucht. Die Landesfischereianstalt dient hauptsächlich zum Bestandsschutz des Störs; dort herangezogene Jungstöre werden in der Oder und in Polen ausgesetzt, um die natürlichen Bestände zu stärken.

Der ESSD-Test umfasst mehrere Schritte: Nachdem die Tiere markiert wurden, um sie auch später eindeutig wiedererkennen zu können, wird eine Flossenprobe entnommen. In der aus der Probe gewonnenen DNA werden dann mittels eines molekularbiologischen Verfahrens die geschlechtsspezifischen Marker gesucht.

Prof. Bridges nennt die Vorteile des Verfahrens: „Der ESSD-Test identifiziert mit vertretbarem Aufwand bereits bei Jungtieren eindeutig das Geschlecht. Männliche Tiere können dann nach einer kürzeren Mast zur Fleischproduktion zugeführt werden, während die weiblichen Tiere bis zum optimalen Alter für die Kaviargewinnung gehalten werden.“ Dies ist von großem wirtschaftlichen Vorteil für die Aufzuchtfarmen, worauf Bridges auch in einem anderen Zusammenhang hinweist: „Mit günstigeren Produktionskosten für Kaviar kann auch der Preis von Zuchtkaviar im Vergleich zum Kaviar aus Wildfang bzw. illegalem Wildfang sinken. Dies kann nochmals mehr dazu beitragen, die Wilderei unattraktiver zu machen und die verbliebenen natürlichen Bestände zu schützen.“

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Forschung News
Vier Männer halten einen acht Jahre alten und rund 300 Kilogramm schweren Stör. Zoom

Ein acht Jahre alter, ausgewachsener und geschlechtsreifer Belugastör aus der moldawischen Störzucht Aquatir; das Tier wiegt rund 300 Kilogramm. (Foto: Aquatir)

Mehrere übereinanderliegende Glasröhrchen; die Farbe der Flüssigkeit in ihnen zeigt, ob die Probe von weiblichen oder männlichen Tieren kommt Zoom

Das Ergebnis des ESSD-Tests an zwei weiblichen und zwei männlichen jungen Stören. Das Geschlecht ist einfach anhand der Färbung der Flüssigkeit erkennbar. (Foto: Tunatech)

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