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Nachrufe

Eine Übersicht von Nachrufen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ab 2014

Nachruf für Prof. Dr. Dr. Wolfgang Tress

Am 6. März dieses Jahres verstarb Prof. Dr. Dr. Wolfgang Tress, ehemaliger Direktor des Klinischen Institutes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Düsseldorf sowie Direktor der universitären Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am LVR-Klinikum Düsseldorf, im Alter von 74 Jahren. Er hatte von April 1990 bis Januar 2016 den Lehrstuhl für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine- Universität inne. Er war sowohl wissenschaftlich als auch berufspolitisch für die Entwicklung der Psychosomatischen Medizin und ihrer Versorgungsstrukturen in Deutschland von größter Bedeutung.

Nach dem parallel absolvierten Studium der Psychologie und Medizin an der Universität Mainz, wo er im Fach Medizin promoviert wurde, folgte die psychiatrische Ausbildung am Zentralkrankenhaus der Bundeswehr in Koblenz und an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg sowie 1980 der Abschluss seiner Weiterbildung zum Psychoanalytiker. In dieser Zeit entwickelte er ein anhaltendes und immer wieder spürbares Interesse an Fragestellungen der Linguistik und der analytischen Philosophie, das schließlich in einer weiteren Promotion zum Doktor der Philosophie mündete. Der Weg in die Psychosomatische Medizin führte ihn ab 1983 in die Psychosomatische Klinik am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, wo er sich als leitender Oberarzt 1985 mit einer epidemiologischen Studie „Frühkindliche protektive Faktoren gegen spätere psychogene Erkrankungen“ habilitierte und wesentliche Prädiktoren psychischer Resilienz identifizierte. Nach weiteren fünf Jahren klinischer Leitungstätigkeit und intensiver wissenschaftlicher Arbeit innerhalb eines DFG-Sonderforschungsbereichs zu Fragen der experimentell-epidemiologischen Forschung anhand von Risikomodellen psychogener Erkrankungen sowie der psychotherapeutischen Prozessforschung im Bereich der stationären Psychotherapie folgte Dr. Dr. Tress dem Ruf auf den Düsseldorfer Lehrstuhl für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

Die klinische Erforschung psychotherapeutischer Prozesse auf Basis der Bindungstheorie und komplexer Persönlichkeitsmodelle und die sozialempirisch-epidemiologische Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren in Bezug auf psychosomatische Erkrankungen blieben auch hier wichtige Forschungsfelder, aus denen heraus Prof. Dr. Dr. Tress wegweisende Impulse für die Entwicklung innovativer Versorgungsstrukturen insbesondere im Bereich der psychosomatischen Grundversorgung und der transkulturellen Psychotherapie entwickelte.

Als akademischer Lehrer war er gleichermaßen inspirierend wie fördernd zugewandt, sodass aus dem Kreis seiner Mitarbeitenden zahlreiche Kolleginnen und Kollegen auf Lehrstühle und chefärztliche Positionen berufen wurden. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Psychosomatische Medizin in vielfältiger Weise hinein in benachbarte medizinische Handlungsfelder wie Psychoonkologie, Psychodiabetologie und Public Health.

Im Bereich der psychophysiologischen Grundlagenforschung, der Affektforschung, der Epidemiologie und der bindungsorientierten Prävention entwickelten sich unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Tress in Düsseldorf vielfältige innovative Forschungsaktivitäten und internationale Kooperationen.

Für seine Patientinnen und Patienten war er als Psychotherapeut und Psychoanalytiker ein mitfühlender, zuwendungsbereiter und zuverlässiger Arzt, der ihnen mit hoher Fachlichkeit und seiner ganzen Persönlichkeit und Lebenserfahrung zur Seite stand. In Düsseldorf war er zudem auch der Gründer der Akademie für Psychoanalyse und Psychosomatik, der Initiator der Psychotherapietage NRW und langjähriger Vorsitzender der Heigl-Stiftung. In seinen vielfältigen Funktionen und zahlreichen Ämtern hat er – mit Elan, Takt und klarem Blick auf die Wichtigkeit der Psychosomatischen Medizin für die gesamte Medizin – deren Sichtbarkeit wie auch die Qualität der psychosomatischen Forschung intensiv gefördert.

Dazu war er als Mensch und Ratgeber immer ansprechbar und hat mit seiner ruhigen, verbindlichen Art in manchmal auch schwierigen Situationen viel Gutes bewirkt. Wolfgang Tress hinterlässt seine Frau, seine Kinder und Enkelkinder  – und ein großes Werk. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren und fühlen mit den Hinterbliebenen.

 

Düsseldorf, den 21. Mai 2023, Prof. Dr. Matthias Franz
Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, UKD

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