Pflanzen nutzen Stammzellenreservoirs – die sogenannten Meristeme – an bestimmten Stellen des Pflanzenkörpers, um ihr ober- und unterirdisches Wachstum anzutreiben. Die Meristeme enthalten den gesamten pflanzlichen Bauplan, aus ihnen kann sich jede Pflanzenzelle entwickelt. Sie bestimmen bei Nutzpflanzen ganz wesentlich deren Produktivität und Ertrag.
Mutationen in den Meristemfunktionen spielten eine entscheidende Rolle bei der Domestizierung der heutigen Nutzpflanzen aus Wildpflanzen. Erst durch diese genetischen Veränderungen produzierten die Pflanzen mehr Ertrag und konnten sich anderen Klimaregionen anpassen. Im Gegensatz zur einfachen Modellpflanze Arabidopsis thaliana sind allerdings die Meristeme von Nutzpflanzen sehr komplex und bisher wenig erforscht.
Die nun startende Forschungsgruppe „Stammzellsysteme bei Getreide“ (Cereal Stem Cell Systems, CSCS) will die Signal- und Genregulationsnetzwerke in den Meristemen verschiedener Getreidearten untersuchen und klären, wie diese Netzwerke die Etablierung, Erhaltung und Entwicklung von Meristemen steuern. Untersucht werden unter anderem die Gerste als Vertreterin der aus gemäßigten Regionen stammenden Getreide und der Mais, der tropische Getreide repräsentiert. Darüber hinaus vergleichen die Forschenden die Ergebnisse mit dem Modellgras Brachypodium („Zweijährige Renke“). Mit den gewonnenen Informationen können Nutzpflanzen mit einem optimierten Bauplan und einem verbesserten Ertrag gezüchtet werden.
Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist Projektpartner in der neuen Forschungsgruppe. Geleitet von der Universität Regensburg (Sprecher Prof. Dr. Thomas Dresselhaus) sind weiterhin die Universitäten Bonn, Hamburg, Heidelberg und Tübingen beteiligt sowie das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben. Das Projekt CSCS ist auf zwei Mal vier Jahre angelegt, das Gesamtvolumen für die erste Förderperiode beträgt rund vier Millionen Euro.
Gleich drei Teilprojekte werden an der HHU bearbeitet; sie konzentrieren sich alle auf die Gerste. Das Team am Institut für Pflanzengenetik um Prof. Maria von Korff Schmising – die auch Ko-Sprecherin der Forschungsgruppe ist – wird die molekulare Regulation der Blütenmeristeme untersuchen. Prof. Dr. Rüdiger Simon, Leiter des Instituts für Entwicklungsgenetik, hat das Sprossapikalmeristem als Reservoir von Stammzellen für den gesamten oberirdischen Spross im Fokus. Und Prof. Dr. Yvonne Stahl, die eine Arbeitsgruppe in Prof. Simons Institut leitet, wird die Steuerung und Funktion des Wurzelapikalmeristems erforschen.
DFG-Forschungsgruppen
Insgesamt beschloss die DFG im September 2021 die Einrichtung von acht Forschungsgruppen. Dies entspricht einem Gesamtfördervolumen von 31,4 Millionen Euro. Forschungsgruppen ermöglichen es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen aus ihren Fachgebieten zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Derzeit fördert die DFG 176 Forschungsgruppen, 15 Klinische und 13 Kolleg-Forschungsgruppen.