Rektorin Prof. Dr. Anja Steinbeck ging in ihrer Begrüßung auf die erste Vorlesung ein und wandte sich an Charlotte Knobloch: „Sie haben uns höchst eindrücklich Ihre persönliche Lebensgeschichte geschildert.“ Der Satz „Ich bin nicht bereit, mich geschlagen zu geben“ sei sicher vielen im Publikum in Erinnerung geblieben, so Steinbeck, und dieser Satz war es auch, mit dem Knobloch die Veranstaltung einleitete. Der immer stärker werdende Antisemitismus, sie spreche nur noch vom „offenen Judenhass“, mache Angst, so die Gastprofessorin. Es gebe aber durchaus auch Grund zur Hoffnung: „Die heutige jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist so divers und normal wie niemals zuvor.“
Die Diskussion war geprägt von verschiedenen Widersprüchen, die alle Diskutanten wahrnahmen und die es auszuhalten und vor allem aufzuzeigen gelte. Zum einen die oft eigentlich widersprüchlichen Quellen des Antisemitismus: „Hier vereinigen sich höchst unterschiedliche Milieus, die sich sonst nichts zu sagen haben“, so Armin Nassehi, Soziologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. „Das ist ein typisches Verhalten, dass man sich am stärksten von denjenigen abgrenzen will, die der eigenen Gruppe am ähnlichsten sind.“ Auch Charlotte Knobloch wies darauf hin, dass der Antisemitismus sowohl in der bürgerlichen Gesellschaft wie auch in linken, rechtsradikalen und migrantischen Gruppen gleichermaßen verbreitet sei. Zudem wiesen alle Podiumsteilnehmer auf die Widersprüche innerhalb der jüdischen Community selbst hin. „Wir versuchen immer wieder, diese Diversität aufzuzeigen“, so der Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen, Philipp Peyman Engel. Auch die Direktorin des Jüdischen Museums in Berlin wies darauf hin, dass Minderheiten immer monolithisch wahrgenommen würden. Dr. Hetty Berg forderte, die Widersprüche und Spannungen im Judentum sichtbar zu machen.
Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer über die Gefahr, die von der AfD ausgehe. Wie dem zu begegnen sei, darüber herrschte auch auf dem Podium keine Einigkeit. Charlotte Knobloch fasste pointiert zusammen: „Die AfD verbreitet ihre Hetze mit größter Kraft. Die jüdische Gemeinschaft ist zwischen echten Feinden und falschen Freunden so schutzbedürftig wie nie zuvor.“
In der abschließenden Fragerunde suchten auch die Zuhörer nach Perspektiven, die derzeit in Deutschland wahrgenommene Spaltung zu heilen, doch konkrete Ratschläge konnten auch die vier Diskutanten nicht geben: „Wir müssen miteinander reden, nicht gegeneinander,“ so Philipp Peyman Engel und auch Charlotte Knobloch war überzeugt: „Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, die anderen respektieren, mit ihnen diskutieren und so wieder eine Gemeinschaft bilden.“
Die Veranstaltung ist abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=ZSTmQX8Rk6A