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Botanischer Garten der HHU
Lebende Fossilien in Düsseldorf: Brotpalmfarne setzen Zapfen an

Mehr als 250 Millionen Jahre alt und überaus selten: Unter anderem im Südafrikahaus im Botanischen Garten der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) wachsen mehrere Brotpalmfarne aus der Gruppe der Cycadeen. Diese haben nun beeindruckend große Zapfen ausgebildet, in denen später die Samen reifen werden: Wenn die Zapfen aufplatzen, wird sich ein farbenprächtiges Bild bieten.

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Gärtner Tobias Rönsch (fast zwei Meter groß!) ist unter anderem für das Südafrikahaus im Botanischen Garten zuständig. Er steht hier neben einem weiblichen Brotpalmenfarn, der 2022 drei 50 Zentimeter große Zapfen ausgebildet hat. (Foto: HHU / Sabine Etges)

Die Brotpalmfarne, botanisch Encephalartos natalensis, stammen ursprünglich aus Südafrika. Schon die Geschichte der Düsseldorfer Pflanzen ist eindrucksvoll: Nach der Einrichtung des Botanischen Gartens in den 1970er Jahren erhielt der Botanische Garten aus Südafrika einige nach Waldbränden schwer geschädigte Stämme des Brotpalmfarns. Dem damals zuständigen Gärtner gelang es, durch intensive Pflege diese Stämme „wiederzubeleben“ und zur Wurzel- und Blattbildung zu bringen.

Diese Pflanzen wurden im Kuppelgewächshaus angepflanzt, im Jahr 1984 trugen sie zum ersten Mal Zapfen. Mit Bau des Südafrikahauses vor 14 Jahren zogen die südafrikanischen Brotpalmfarne dahin um; andere Palmfarne stehen weiter im Kuppelgewächshaus.

Dr. Sabine Etges, Wissenschaftliche Leiterin des Gartens: „Inzwischen wäre eine Anzucht aus südafrikanischen Wildsamen nicht mehr möglich, denn die Pflanzen stehen unter strengem Artenschutz: Sie sind auf der CITES-‚Rote Liste‘ der bedrohten Arten vermerkt.“  

Die Stämme der sehr langsam wachsenden Pflanzen können bis zu 15 Meter hoch werden. Der Lebensraum dieser lebenden Fossilien – sie kamen schon im Erdzeitalter Perm vor 250 bis 300 Millionen Jahren vor – ist akut bedroht. Ebenfalls wurden viele der Pflanzen gefällt, um an ihr stärkehaltiges Mark zu kommen, und sie sind begehrte Objekte für Gärtner.

Sabine Etges: „Der Name Palmfarn ist irreführend, denn die Pflanzen gehören weder zu den Palmen noch zu den Farnen. Aber ihre Wuchsform und die gefiederten Blätter erwecken leicht den Eindruck einer solchen Verwandtschaft.“ Tatsächlich gehören sie zu einer eigenen Pflanzenklasse unter den Samenpflanzen, den Cycadopsida. Sie zählen neben den Koniferen und den Ginkgo-Gewächsen zu den sogenannten Nacktsamern.

Bei den Cycadeen befinden sich männliche und weibliche Blüten auf verschiedenen Pflanzen. So gibt es auch in Düsseldorf Brotpalmfarne beiderlei Geschlechtes. Die männlichen Pflanzen bilden in ihren Zapfen Pollen, die von Käfern und anderen Insekten zu den weiblichen Pflanzen getragen werden. Dort wächst ein Pollenschlauch zur Eizelle und entlässt Spermazellen mit Geißeln.

Die Zapfen haben jetzt ihren großen Auftritt: Seit März 2021 entwickelt eine weibliche Pflanze drei Zapfen, eine männliche fünf. Jeder dieser Zapfen ist mittlerweile gut einen halben Meter groß. Es kann über ein Jahr dauern, bis die Samen reif sind und die Zapfen aufbrechen. Dann ist ein weiteres beeindruckendes Schauspiel zu erwarten: Die rund fünf Zentimeter großen, leuchtend roten Samen sitzen dicht an dicht an der Außenhülle des Zapfens, während innen eine lange Spindel zurückbleibt.

„Die Zapfenbildung ist ein seltenes Ereignis: Da die Zapfen so groß sind, muss die Pflanze viel Energie aufwenden, um so viel Biomasse zu erzeugen. Das schafft sie nicht jedes Jahr. Zuletzt war dies in Düsseldorf 2014 der Fall, 2015 öffneten sich dann die Zapfen“, erinnert sich Dr. Etges.

Aber woher kommt nun der Begriff „Brot“ in den deutschen Pflanzennamen? Tatsächlich kann aus dem Mark im Inneren der Stämme und auch aus den Samen eine stärkehaltige Substanz gewonnen werden. Doch sie ist nur essbar, wenn diese auch ausreichend gekocht werden, sonst sind die Samen und andere Pflanzenbestandteile äußerst giftig.

Wer noch mehr über den faszinierenden Brotpalmfarn wissen möchte: Im Blog duesselbotanica, der regelmäßig über Highlights und Wissenswertes aus dem Botanischen Garten berichtet, erschien gerade ein Beitrag „Winterzeit ist Sommerzeit“ über das Südafrikahaus.

Der Botanische Garten der HHU

Der rund acht Hektar große Botanische Garten wurde 1979 eröffnet. Er dient der Bevölkerung ganzjährig als Stätte der Bildung und Erholung, der Pflanzenforschung und der Studierendenausbildung an der HHU. Die umfangreichen, größtenteils öffentlichen Pflanzensammlungen werden als Arbeits- und Anschauungsmaterial für Forschung und Lehre vor allem in der Biologie und der Pharmazie genutzt.

Ein besonderer Schwerpunkt des Düsseldorfer Botanischen Gartens ist die sogenannte Kalthauskultur. In ihrem Zentrum steht das Wahrzeichen des Gartens, das 1.000 Quadratmeter große Kuppelgewächshaus mit einer Höhe von 18 Metern. Es beherbergt Pflanzen des Mittelmeerraums und der Kanaren, aber auch solche aus Ozeanien, Asien und Amerika.

In den Jahren 2004 und 2008 wurde die Einrichtung um zwei neue Gebäude erweitert, die Orangerie und das Südafrikahaus. Neben dem großen Sammlungs- und Forschungshaus und Versuchsflächen betreibt der Botanische Garten auch die hochmodernen Forschungsgewächshäuser auf dem Dach des Biologie-Neubaus.

Die im Botanischen Garten zu entdeckende Pflanzenwelt ist äußert vielfältig. Dort finden sich äußerst seltene Pflanzen wie die Wollemie, von denen in Ursprungsland Australien nur circa 100 ausgewachsene Exemplare wild in einem sehr kleinen, gut geschützten Gebiet vorkommen. In Düsseldorf wird damit ein Beitrag zur Erhaltung bedrohter Arten und zur Sicherung der Biodiversität geleistet.

Alljährlichen besuchen rund 70.000 Bürgerinnen und Bürger den Botanischen Garten. Er ist für die Öffentlichkeit von März bis Oktober täglich und von November bis Februar montags bis freitags geöffnet. Den Besuchenden steht ein kostenfreier Audioguide zur Verfügung, der sie auf Rundgängen zu allen Besonderheiten führt.

Mit einem vielfältigen Vortrags- und Führungsprogramm werden Pflanzeninteressierte jeden Alters an die Geheimnisse, die im Garten zu finden sind, herangeführt und die Bedeutung von Pflanzen für die menschliche Zivilisation verdeutlicht. Mit diesem Wissenstransfer ist der Botanische Garten in das Selbstverständnis der HHU als Bürgeruniversität eingebunden.

Unterstützt wird die Arbeit durch den Freundeskreis, mit dessen Hilfe bereits viele Projekte realisiert werden konnten.

Ebenso ist der Botanische Garten eine Ausbildungsstätte für Gärtnerinnen und Gärtner. Bis zu zehn Auszubildende erlernen in der Fachrichtung „Staudengärtnerei“ den Betrieb eines wissenschaftlich orientierten Gartens.

Weitere Informationen: Webseiten des Botanischen Gartens

 

Update der Meldung: 07.02.2022

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Math.-Nat.-Fak.-Aktuell
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Im März 2021 schob sich ein junger Zapfen durch den wollig-filzigen Knospenschutz an der Spitze des Sprosses. Schon damals hatte er einen Durchmesser von rund 15 cm. (Foto: HHU / Gerd Fischer)

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Die Zapfen werden über ein Jahr benötigen, bis die Samen darin gereift sind und die Zapfen dann aufplatzen. Im Jahr 2015 war dies zuletzt der Fall. (Foto: HHU / Sabine Etges)

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Die leuchtendroten Samen sitzen dann an der Außenseite des aufgeplatzten Zapfens, während in der Mitte eine lange Spindel zurückbleibt. Bei den Samen ist Vorsicht geboten: Sie sind äußert giftig. (Foto: HHU / Sabine Etges)

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