Infektionsschutzmaßnahmen, Ansätze der Vorbeugung und klinische Therapiekonzepte können jedoch nur sinnvoll geplant werden, wenn klar ist, welche Bevölkerungsgruppen eines besonderen Schutzes bedürfen. Die politische Umsetzbarkeit von Konzepten und Maßnahmen wiederum hängt auch von kulturellen und ethischen Rahmenbedingungen ab.
Als eines der 13 vom Bund geförderten Projekte im Nationalen Netzwerk Universitätsmedizin haben sich unter der Federführung des Universitätsklinikums Düsseldorf 37 Forschungsinstitute aus 24 Universitätskliniken zusammengeschlossen, um COVID-19-Studien bei der Erhebung von sozialen, kulturellen und Umweltfaktoren zu unterstützen. Das Projekt will die Kompetenzen an den Universitätskliniken hierzu in der Pandemieforschung bündeln.
Sozialepidemiologen und Medizinsoziologen untersuchen soziale Faktoren: Basisdaten wie Geschlecht, Familienstand, Bildung oder Einkommen. Für thematische Spezialuntersuchungen ist es wichtig, die soziale Verteilung von Infektionskrankheiten in der Bevölkerung grundlegend abschätzen zu können. Im beruflichen Umfeld werden Infektionsrisiko und Erkrankungsverlauf von der Art der Arbeit und ihren Abläufen erheblich bestimmt. Es stellt sich daher die Frage, wie gut Arbeitsschutzmaßnahmen zur Vorbeugung von Ansteckungen greifen.
Auch die Rolle der Luftverschmutzung bei der Ausbreitung von SARS-CoV-2 hat Aufmerksamkeit erregt. Es fällt auf, dass schwere COVID-19-Erkrankungen bei Personen, die unter einer hohen Luftverschmutzung leiden, besonders häufig sind. Mit diesen Zusammenhängen befasst sich in diesem Projekt eine Gruppe von Umweltepidemiologen.
Die Gesundheitskompetenz ist in der Gesellschaft sozial ungleich verteilt. Die Nicht-Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen während der COVID-19-Pandemie ist ein wichtiger Grund für verspätete Krankenhausbehandlungen von COVID-19-Erkrankten und wird in diesem Projekt von Versorgungsforschung und Allgemeinmedizin untersucht. Medizingeschichte und -ethik werden Orientierungswissen für die Zukunft bereitstellen. Zentral ist dabei die Rechts- und Wertediskussion, die seit Pandemiebeginn geführt wird.
Kontakt: Dr. Hanno Hoven, Institut für Medizinische Soziologie, center for health and society (chs),