Der globale Klimawandel stellt die Gesellschaft vor massive Herausforderungen. Der Entwicklung einer klima-, ressourcen- und biodiversitätsschonenden Landwirtschaft kommt deren Bewältigung eine Schlüsselrolle zu. In einer gemeinsamen Stellungnahme plädierten unter anderem die Deutsche Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Deutsche Botanische Gesellschaft dafür, die Potentiale der Pflanzenforschung und -züchtung zu nutzen, um die Entwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft zu unterstützen. Biotechnologische Züchtungsmethoden wie die Genomeditierung ermöglichen danach einen schnelleren Transfer von Forschungsergebnissen in die landwirtschaftliche Nutzung und sollten in entsprechende Strategien einbezogen werden.
In „Trends in Plant Science“ bekräftigen in einem gemeinsamen Artikel mehrere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dieses Statement. Prof. Dr. Kai Purnhagen von der Universität Bayreuth erläutert in der Publikation die Bedeutung der neuen Züchtungsmethoden für den ökologischen Landbau. Es werde schwierig, so Purnhagen, das im „Green Deal“ der Europäische Kommission gesetzte Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden und den Ökolandbau auf mindestens 25 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche auszuweiten, zu erreichen, wenn innovative Technologien aus der Pflanzenzüchtung nicht genutzt würden. Als Beispiele nennt er die Resistenz- oder Ertragszüchtung für den Ökolandbau.
Prof. Dr. Andreas Weber vom HHU-Institut für Biochemie der Pflanzen weist darauf hin, dass die Ausweitung des ökologischen Landbaus sogar zu einer Verringerung – und nicht, wie geplant, zu einer Steigerung von nachhaltig produzierten Lebensmitteln – führen könnte, wenn die Gesetze nicht zugunsten der neuen Züchtungsmethoden geändert werden. Weber: „Wir plädieren dafür, die bewährten Prinzipien des ökologischen Landbaus mit innovativen Ansätzen wie zum Beispiel der Genomeditierung zu kombinieren, um maximale Nachhaltigkeitseffekte in der Landwirtschaft erzielen zu können.“
Schon seit einiger Zeit fordern Pflanzenforscherinnen und -forscher wie Prof. Weber eine Revision der gesetzlichen Regeln für den Einsatz der Genschere als wichtiges Instrument einer innovativen Pflanzenzüchtung. Bislang gelten Pflanzen, die mit der Genschere behandelt wurden, immer noch als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) und unterliegen strengen Richtlinien.
Originalpublikation
Kai P. Purnhagen, Stephan Clemens, Dennis Eriksson, Louise O. Fresco, Jale Tosun, Matin Qaim, Richard G.F. Visser, Andreas P.M. Weber, Justus H.H. Wesseler, and David Zilberman, Europe’s Farm to Fork Strategy and Its Commitment to Biotechnology and Organic Farming: Conflicting or Complementary Goals?, Trends in Plant Science (2021)