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Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowships
Vier Stipendiatinnen und Stipendiaten in europäischem Förderprogramm an der HHU

In einem hochkompetitiven Verfahren vergibt die Europäische Kommission sogenannte „Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowships“ an internationale Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler oder an Deutsche, die einen Forschungsaufenthalt im Ausland planen. Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) war bei der 2021er-Ausschreibung viermal erfolgreich: Eine Forscherin und drei Forscher kommen für 24 Monate nach Düsseldorf, einer wird für insgesamt 36 Monate an der HHU und in den USA arbeiten.

Vier Marie Sklodowska-Curie Postdoctoral Fellowships aus der 2021er-Ausschreibungsrunde werden an der HHU gefördert (v.l.): Dr. Balasaheb Vitthal Sonawane, Dr. Björn Burckhardt, Dr. Megan Sørensen, Dr. Giacomo Giannini (Fotos: privat)

Die vier neuen Fellows sind in den Naturwissenschaften und in der Philosophie angesiedelt:

  • Die dänisch-britische Dr. Megan Sørensen, die zuletzt an den Universitäten Stockholm und Uppsala forschte, plant ein Projekt am Institut für Mikrobielle Zellbiologie bei Prof. Dr. Eva Nowack. Sie untersucht in ihrer Arbeit das Zusammenspiel von Chromatophoren und ihren Wirtszellen am Beispiel der Amöbe Paulinella chromatophora.
  • Dr. Balasaheb Vitthal Sonawane aus Indien, der aktuell in den USA forscht, wird von Prof. Dr. Andreas Weber am Institut für Biochemie der Pflanzen betreut. In seinem Projekt konzentriert er sich auf die Enzyme Rubisco und Rubisco-Aktivase, die für den pflanzlichen Photosyntheseprozess wichtig sind, die aber temperaturempfindlich sind. Dies kann Folgen für die Landwirtschaft bei durch den Klimawandel steigenden Temperaturen haben.
  • Der Deutsche Dr. Björn Burckhardt hat ein „Global Fellowship“ eingeworben. In dessen Rahmen wird er initial zwei Jahre bei Prof. Dr. Livia S. Eberlin am Baylor College of Medicine im texanischen Houston (USA) forschen, um danach für ein Jahr an der HHU am Institut für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie bei Prof. Dr. Stephanie Läer zu arbeiten. Sein Thema ist die bildgebende Erfassung von Peptiden in verschiedenen (kranken) Geweben.
  • Der italienische Philosoph Dr. Giacomo Giannini, der derzeit als Fellow an der London School of Economics tätig ist, kommt zu Prof. Dr. Markus Schrenk, Professor für Metaphysik und Sprachphilosophie. Dr. Giannini arbeitet an philosophischen Theorien der Möglichkeit und Notwendigkeit: Warum hätten sich manche Begebenheiten anders ereignen können, während andere so passieren mussten, wie sie geschehen sind?

Prof. Dr. Stefan Marschall, Prorektor für Internationales und Wissenschaftskommunikation der HHU, betont die Bedeutung der Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowships: „Die Fellows sind ein großer Gewinn für die HHU, schon ihr Erfolg in dem Wettbewerb beweist ihre wissenschaftliche Spitzenposition. Sie bringen innovative Projekte mit nach Düsseldorf und arbeiten hier intensiv mit den HHU-Forschenden zusammen. Dadurch entstehen internationale Netzwerke, von denen auch und gerade unsere Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler profitieren können.“ Nicht zuletzt deswegen begleitet die HHU die Antragsstellung und fördert interessierte Forschende. „Mit den ‚Marie S.-Curie Masterclasses‘ haben wir ein Programm aufgelegt, das sehr gut genutzt wird und das auch die diesjährigen Fellows bei ihrer erfolgreichen Bewerbung durchlaufen haben“, ergänzt Marschall.

Die Fellows und ihre Projekte

Die 1991 Cambridge (UK) geborene Dänisch-Britin Megan Sørensen wurde 2019 an der University of Sheffield mit einer Arbeit zu metabolischen Mechanismen, die in der Evolution zu stabilen Symbiosen beitrugen, im Fachgebiet Mechanistische Biologie promoviert. Nach ihrer Promotion arbeitete sie bis 2022 an den schwedischen Universitäten in Stockholm und Uppsala. Im Mai 2022 nimmt sie zunächst ein EMBO Fellowship an der HHU auf, bevor im Mai 2023 ihr Marie-Curie-Projekt ebenfalls in Düsseldorf starten wird.

Während der 24-monatigen Projektlaufzeit wird sich Dr. Sørensen mit einem speziellen Fall von Zellorganellen befassen, die durch die sogenannte Endosymbiose – die Aufnahme von Bakterien in Wirtszellen – entstanden sind. Dieser Prozesse hat im Laufe der Erdgeschichte mehrmals dazu geführt, dass Bakterien aus der Umwelt langfristig zu fest integrierten Bestandteilen der Wirtszelle evolviert sind. Diese von Bakterien abgeleiteten Wirtszellbestandteile werden „Organellen“ genannt und erfüllen heute wichtige Stoffwechselfunktionen in der Zelle.

Ein prominentes Beispiel für solche Organellen sind unsere Mitochondrien. Der jüngste bekannte Fall, in dem Bakterien zu Zellorganellen wurden, sind die „Chromatophoren“ in der Amöbe Paulinella chromatophora. Diese photosynthetischen Zellbestandteile entstanden vor etwa 100 Millionen Jahren aus photosynthetischen Cyanobakterien.

Megan Sørensen will in Düsseldorf untersuchen, wie der Stoffwechsel von Chromatophoren und Wirtszelle zusammenarbeitet, wie sie gemeinsam auf sich ändernde Umweltbedingungen reagieren und wie die Lichtbedingungen, denen die Zellen ausgesetzt sind, über längere Zeiträume zu genetischen Anpassungen von Wirtszelle und Chromatophoren führten.

Balasaheb Vitthal Sonawane, geboren 1985 in Sangamner in Indien, promovierte nach einem Studium der Landwirtschaftlichen Biotechnologie im Jahr 2016 an der Western Sydney University in New South Wales in Australien zum Thema „Environmental regulation of CO2 concentrating mechanisms in C4 grasses with different biochemical subtypes“. Er wechselte anschließend an die Washington State University, wo er aktuell arbeitet.

Ab September 2023 wird Dr. Sonawane im Rahmen des Marie-Curie-Fellowships an der HHU daran forschen, wie Ertragseinbußen bei Nutzpflanzen aufgrund von hohen Temperaturen vermieden werden können. Eine entscheidende Rolle dabei spielt das Enzym Rubisco. Es fixiert in Pflanzen das aus der Luft aufgenommene Kohlendioxid und baut daraus anschließend Biomasse auf. Bevor Rubisco aber seine Arbeit aufnehmen kann, muss es durch ein weiteres Enzym, die Rubisco-Aktivase (RCA), aktiviert werden. RCA entfernt auch sogenannte inhibitorische Moleküle, die an Rubisco binden und es dadurch hemmen können. RCA hält Rubisco so über den Tagesverlauf aktiv.

Allerdings ist die RCA sehr temperaturempfindlich, sie wird durch höhere Temperaturen – wie sie durch den Klimawandel immer öfter auftreten – zerstört, so dass in der Folge die Erträge der Nutzpflanzen sinken können. Dr. Sonawane wird sich in Düsseldorf darauf fokussieren, temperaturstabile RCAs zu finden und dadurch die pflanzliche Photosynthese weniger empfindlich gegen hohe Temperaturen zu machen. Als Quelle für temperaturstabile RCAs wird er eine genetisch vielfältige Sammlung von Sorghum (Hirse) benutzen; sie zeigen auch unter hohen Temperaturen gute Photosyntheseleistungen.

Björn Burckhardt (geboren 1982 in Moers), promovierte 2015 am Institut für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie an der HHU. Er hatte zur Entwicklung und Anwendung von Bestimmungsmethoden für Arzneimitteln in kleinen biologischen Volumina geforscht, wie sie zum Beispiel in Kinderstudien anfallen. Anschließend arbeitete er weiter als Postdoc in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Stephanie Läer im Rahmen des europäisch geförderten Projekts LENA. Darin ging es um die systematische Untersuchung der Wirkung und Verstoffwechselung eines Arzneistoffes für Kinder mit Herzschwäche. Außerdem entwickelte er eine Plattform, um Peptid- und Proteinkonzentrationen verlässlich messen zu können, um damit auch deren Regulationskreisläufe zu analysieren.

In seinem auf drei Jahre – zwei am Baylor College of Medicine in Houston/Texas, ein Jahr an der HHU – angelegten Global Fellowship will er sich auf die bildgebende Erfassung von Peptiden in Geweben aus einem zentralen Regulationskreislauf im Menschen konzentrieren. Im Rahmen seines Projekts „Innovative insight into the endogenous kallikrein-kinin system in tissue in health and disease state“ wird Dr. Burckhardt das Vorhandensein, die Verteilung, den Stoffwechsel und das Gesamtprofil der Peptide in verschiedenen (kranken) Geweben mittels massenspektrometrischer Bildgebung untersuchen.

So ließe sich darstellen, wie sich die untersuchten Peptide im Gewebe verteilen und wo sie sich zum Beispiel anreichern. Er wird verschiedene bösartige Gewebe – wie Lungen-, Brust- und Blasenkrebs – untersuchen und seinen Ansatz auch auf kardiovaskuläre Erkrankungen und Angioödeme ausdehnen. Die Kombination aus Bildgebung und Massenspektrometrie birgt das Potential, neue Biomarker zu entdecken und auch vielversprechende Wirkstoffziele für nicht-übertragbare Krankheiten zu identifizieren.

Giacomo Giannini (geboren 1991 in Bozen, Italien) arbeitet im Bereich der theoretischen Philosophie und insbesondere der Metaphysik. Er promovierte 2020 an der Durham University (UK) mit einer Dissertation zum Thema "Powers for Dispositionalism: A Metaphysical Ground for New Actualism". Derzeit ist er Fellow im Department für Philosophie, Logik und wissenschaftliche Methode an der London School of Economics (LSE). Seine Hauptforschungsinteressen sind Modalität, Naturgesetze, Dispositionen und Kausalität, ontologische Abhängigkeit und Zeit.

Ab September 2023 wird Dr. Giannini im Rahmen des Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiums an der HHU zu den Grundlagen der Modalität forschen, d. h. er wird sich mit der Frage "Wodurch ist etwas möglich oder notwendig?" beschäftigen. Dabei wird er sich insbesondere auf zwei führende Theorien, den Dispositionalismus und den Essentialismus, sowie auf deren Beziehung zueinander konzentrieren. Erstere ist die Theorie, nach der die Dinge in der Welt grundsätzlich mit Potentialen und Dispositionen ausgestattet sind, aus denen wir alle Fakten über Möglichkeit und Notwendigkeit ableiten können; letztere ist die Theorie, nach der die Quelle von Möglichkeit und Notwendigkeit in der essentiellen Identität der Dinge steckt. Diese beiden vielversprechenden Theorien sind erst in jüngster Zeit im Detail ausgearbeitet worden. Neben ihren vielen Gemeinsamkeiten haben sie aber komplementäre Stärken und Schwächen. Das macht die Aussicht, sie zu vereinen, sehr verlockend.

Es hat sich jedoch auch gezeigt, dass die Kombination beider Ansätze mit Schwierigkeiten und theoretischen Spannungen behaftet ist. Ziel von Dr. Gianninis Forschung ist es, ihre Beziehung zu untersuchen und zu versuchen, diese Spannungen zu lösen und eine einheitliche Theorie der Grundlagen von Möglichkeit und Notwendigkeit zu entwickeln.

 

Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowships

Die Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowships sind eine Förderlinie des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation der EU, „Horizon Europe“, das im Januar 2021 startete. Das mit insgesamt 242 Millionen Euro ausgestattete Fellowship-Programm richtet sich an promovierte Nachwuchsforscherinnen und -forschern aus aller Welt und ermöglicht Ihnen einen bis zu zweijährigen Forschungsaufenthalt im Ausland, während sie sich gleichzeitig fortbilden und ihre Kompetenzen erweitern. Man unterscheidet European Fellowships und Global Fellowships, je nachdem, wo der Forschungsaufenthalt absolviert wird.

Das Bewerbungsverfahren ist sehr kompetitiv. Von den EU-weit eingereichten 8.356 Anträgen zur Frist im Herbst 2021 wurden nur knapp 14 Prozent bewilligt. Das Programm richtet sich an promovierte Nachwuchswissenschaftler. Ein Antrag wird gemeinsam vom Fellow und der gastgebenden Hochschule gestellt.

Die drei European Fellowships, am Institut für Mikrobielle Zellbiologie, am Institut für Biochemie der Pflanzen und am Institut für Philosophie, sind mit je ca. 174.000 Euro für zwei Jahre ausgestattet, das Global Fellowship am Institut für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie ist mit ca. 263.000 Euro für insgesamt drei Jahre dotiert. Enthalten ist die Finanzierung der Personalstelle und ein Betrag für Forschungsausgaben, für Mobilität und wissenschaftliche Weiterbildungsangebote.

Postdoktorandinnen und -doktoranden, die als Fellow nach Düsseldorf kommen möchten, können an der jährlich stattfindenden Marie Curie Masterclass teilnehmen, die von der Abteilung Forschungsmanagement und Transfer durchgeführt wird. Weitere Informationen dazu finden sich hier.

Weitere Informationen:

Seiten der Europäischen Kommission:

https://marie-sklodowska-curie-actions.ec.europa.eu/actions/postdoctoral-fellowships

 

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