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Botanischer Garten der HHU im Sommer
Bestäubungsstrategien der Blüten

Es ist Sommer und überall, wohin das Auge fällt, blüht es im Botanischen Garten an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU). Der genaue Blick auf die vielfältigen Blütenformen der Pflanzen lohnt, gewährt er doch Einblicke in die unterschiedlichen Bestäubungsstrategien, die Pflanzen im Laufe der Evolution entwickelt haben. Der Garten ist täglich bis 19:00 Uhr geöffnet.

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Zierlauch (Allium), weit und breit. An vielen Stellen in und nahe der Nutzpflanzenabteilung sind die runden Köpfe zu finden. (Foto: HHU / Arne Claussen)

Die Blüte einer Pflanze dient in erster Linie der geschlechtlichen Fortpflanzung. Für diese Aufgabe sind in der Blüte verschiedene spezialisierte Teile ausgebildet: Bei den „bedecktsamigen Pflanzen“ oder „Angiospermen“ sind dies vor allem die Staubblätter und die Fruchtblätter mit den „Narben“ zur Aufnahme der Pollen. Dazu Dr. Sabine Etges, wissenschaftliche Leiterin den Botanischen Gartens der HHU: „Staub- und Fruchtblätter haben sich wie auch die Kelch- und die markanten Kronblätter in der Evolution aus normalen Laubblättern entwickelt.“

Durch die Ko-Evolution mit den Bestäubern ist außerdem eine große Vielfalt von Blütenformen und Bestäubungsstrategien entstanden. Belohnung für den Blütenbesuch kann zum Beispiel Pollen oder Nektar sein – eine Art Zuckerwasser, das immer wieder nachproduziert wird. Ein Beispiel ist der Schwarzkümmel (Nigella spec.). Dr. Etges: „Die Blüten sind vormännlich, das heißt zuerst reifen die Staubblätter, dann die Fruchtblätter. So soll eine Selbstbestäubung verhindert werden. Die Blüten bilden ihren Nektar in kleinen lilafarbenen Spornen, die mit Deckeln verschlossenen sind. Etges: „Wenn Bienen oder Hummeln an den Nektar gelangen möchten, müssen sie ihren Rüssel in den Spalt im Deckel zwängen. Wenn sich die Bestäuber so von Nektarsporn zu Nektarsporn arbeiten, bestäuben sie die Griffel beziehungsweise streifen sich bei jüngeren Blüten den Pollen in die Behaarung.“

Auch beim Gewöhnlichen Natternkopf (Echium vulgare) sind die Blüten vormännlich. Griffel und Staubblätter dienen als Landeplatz für Bestäuber, sowohl für Schmetterlinge als auch für Hummeln, Honig- und Wildbienen. Der Name der Pflanze bezieht sich auf die Ähnlichkeit der Blüten mit einem Schlangenkopf; früher wurde deswegen der Pflanze auch eine Heilwirkung gegen Schlangenbisse nachgesagt.

Bei der Haferwurzel (Tragopogon porrifolius) bestehen die Blütenköpfe aus einer Vielzahl (bis zu 50) einzelner Zungenblüten, die zu Köpfen zusammengefasst sind. Es gibt viele Blütenbesucher: Bienen, Falter, Schwebfliegen, Woll- und Hummelschweber – letztere schweben vor und über den Blüten wie kleine Kolibris.

Auch der Blütenkopf der Margerite (Leucanthemum spec.) besteht aus vielen Einzelblüten: Gelbe, zwittrige Röhrenblüten sind umgeben von weißen, weiblichen Blüten. „Da der Blütenkopf so offen ist, wird er auch von vielen Bestäubern besucht, die unter anderem durch den starken Farbkontrast angelockt werden“, erläutert Sabine Etges. Die Einzelblüten bilden einen gemeinsamen „Schauapparat“.

Bei den Orchideen sind es wiederum Einzelblüten, die die Bestäuber anlocken. Die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) ist eine seltene heimische Orchideenart. Ihre Blütenform ähnelt sogar einem zur Paarung bereiten Bienenweibchen, wodurch eigentlich die Männchen angelockt werden sollen. Etges: „In der Natur wird dies aber nur selten beobachtet, meist kommt es zur Selbstbestäubung. Bei der Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera) ist die Bestäubung durch männliche Grabwespen jedoch die Regel.“

Bei den Lauchpflanzen (Allium) sind zahlreiche Einzelblüten zu einem Kopf zusammengezogen. Sie bieten ihren verschiedenen Bestäubern insbesondere Nektar und werden reichlich besucht. Auch die Küchenzwiebel blüht in diese Art.

Auch wenn sie schön anzusehen sind, so sind einige Zuchtformen von Blüten für Bestäuber, die nach Pollen suchen, doch wertlos. Besonders markant ist dies bei den Pfingstrosen (Paeonia): Während die Wildformen eine große Zahl von Staubblättern besitzen, die von den Bestäubern angeflogen werden, weisen viele Zuchtformen sogenannte gefüllte Blüten auf. Sie haben praktisch nur Kron- und keine Staubblätter mehr, und in ihnen finden Insekten auch keinen Pollen, von dem sie sich ernähren könnten.

Ein Spaziergang durch den sommerlichen Botanischen Garten lohnt sich, bei ihm können Besucherinnen und Besucher vielen Bestäubern bei der Arbeit zusehen.

Der Botanische Garten der HHU

Der rund acht Hektar große Botanische Garten wurde 1979 eröffnet. Er dient der Bevölkerung ganzjährig als Stätte der Bildung und Erholung, der Pflanzenforschung und der Studierendenausbildung an der HHU. Die umfangreichen, größtenteils öffentlichen Pflanzensammlungen werden als Arbeits- und Anschauungsmaterial für Forschung und Lehre vor allem in der Biologie und der Pharmazie genutzt.

Ein besonderer Schwerpunkt des Düsseldorfer Botanischen Gartens ist die sogenannte Kalthauskultur. In ihrem Zentrum steht das Wahrzeichen des Gartens, das 1.000 Quadratmeter große Kuppelgewächshaus mit einer Höhe von 18 Metern. Es beherbergt Pflanzen des Mittelmeerraums und der Kanaren, aber auch solche aus Ozeanien, Asien und Amerika.

In den Jahren 2004 und 2008 wurde die Einrichtung um drei neue Gebäude erweitert, die Orangerie, das Südafrikahaus und einen Forschungsgewächshauskomplex. Neben dem großen Sammlungs- und Forschungshaus und den Versuchsflächen betreibt der Botanische Garten auch die hochmodernen Forschungsgewächshäuser auf dem Dach des Biologie-Neubaus.

Die im Botanischen Garten zu entdeckende Pflanzenwelt ist äußert vielfältig. Dort finden sich höchst seltene Pflanzen wie die Wollemie, von denen im Ursprungsland Australien nur circa 100 ausgewachsene Exemplare wild in einem sehr kleinen, gut geschützten Gebiet vorkommen. In Düsseldorf wird damit ein Beitrag zur Erhaltung bedrohter Arten und zur Sicherung der Biodiversität geleistet.

Alljährlich besuchen rund 100.000 Bürgerinnen und Bürger den Botanischen Garten. Er ist für die Öffentlichkeit von März bis Oktober täglich und von November bis Februar montags bis freitags geöffnet. Den Besuchenden steht ein kostenfreier Audioguide auf Deutsch und Englisch zur Verfügung, der sie auf Rundgängen zu allen Besonderheiten führt.

Mit einem vielfältigen Vortrags- und Führungsprogramm werden Pflanzeninteressierte jeden Alters an die Geheimnisse, die im Garten zu finden sind, herangeführt und ihre Bedeutung für die menschliche Zivilisation verdeutlicht. Mit diesem Wissenstransfer ist der Botanische Garten in das Selbstverständnis der HHU als Bürgeruniversität eingebunden.

Unterstützt wird die Arbeit durch den Freundeskreis Botanischer Garten der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V., mit dessen Hilfe bereits viele Projekte realisiert werden konnten. Der Freundeskreis feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen, am 8. Juni 2024 mit einer Feier im Botanischen Garten.

Ebenso ist der Botanische Garten eine Ausbildungsstätte für bis zu zehn zukünftige Gärtnerinnen und Gärtner in der Fachrichtung „Staudengärtnerei“. Dort lernen sie auch die Besonderheiten eines wissenschaftlich orientierten Gartens kennen.

Weitere Informationen: www.botanischergarten.hhu.de

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Kategorie/n: Intranet, Schlagzeilen, Pressemeldungen
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Die Blütenköpfe des Alliums sind vielfältig (v.l.). Allium giganteum, Allium atropurpureum und Allium cristophii. Und sie sind bei Bienen sehr beliebt. (Fotos: HHU / Arne Claussen)

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Verschiedene Blütenformen der Pfingstrose (Paeonia): Während Wildformen fadenförmige Staubblätter haben, sind diese bei einigen Sorten blattartig vergrößert, bilden jedoch noch Pollen (links). Bei üppig gefüllten Blüten sind sie sogar vollständig zu Schaublättern umgewandelt (rechts). Diese Zuchtform bietet Bestäubern keine Nahrung mehr. (Fotos: HHU / Arne Claussen)

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Der Gewöhnliche Natternkopf (Echium vulgare) erhielt seinen Namen, weil die Blüte an eine Schlange erinnert. Nach der früher oft geltenden „Signaturenlehre“ sagte man der Pflanze wegen dieser optischen Analogie Heilkräfte gegen Schlangen nach. (Foto: HHU / Arne Claussen)

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Der Blütenkopf der Haferwurzel (Tragopogon porrifolius) besteht aus einer Vielzahl einzelner Zungenblüten. (Fotos: HHU / Arne Claussen)

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Beim Schwarzkümmel (Nigella spec.) bildet sich der Nektar in den kleinen, mit grünen Deckeln verschlossenen Spornen, die am Grunde der Blüten liegen. (Foto: HHU / Arne Claussen)

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Margerite (Leucanthemum spec.). Der starke Farbkontrast lockt viele Bestäuber an. (Foto: HHU / Arne Claussen)

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Die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) ist eine heimische Orchidee, die sich in der Natur meist selbst befruchtet. (Foto: HHU / Arne Claussen)

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Mediterranes Johanniskraut (Hypericum spec.) im Kuppelgewächshaus. (Fotos: HHU / Sabine Etges (l.) und Arne Claussen)

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Blüten, wohin das Auge auch schweift (v.l.): Schwarzwurzel (Scorzonera hispanica); Große Sterndolde (Astrantia major ‚Günter Urspruch‘); Großer Gelber Fingerhut (Digitalis grandiflora); Brauner Storchschnabel (Geranium phaeum); Kiwi (Actinidia deliciosa); Witwenblume (Knautia macedonica). (Fotos: HHU / Arne Claussen)

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Blühende Sommerwiese mit dem Orangeroten Habichtskraut (Hieracium aurantiacum L.). (Foto: HHU / Arne Claussen)

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