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Die effektive Förderung des Glasfaserausbaus: Kupfer verbieten?

Eine leistungsstarke Telekommunikationsinfrastruktur ist Grundvoraussetzung, um zukünftigen Bedarfen nach hohen Bandbreiten gerecht zu werden. Glasfaserleitungen bis zur Wohnung des Endkunden sind dafür die zukunftssicherste Technologie, aber auch die teuerste. Wie lässt sich der Glasfaserausbau gezielt fördern und welche Rolle spielen dabei noch alte kupferbasierte Anschlusstechnologien?

Von Dr. Niklas Fourberg

Während der Corona-Pandemie werden neben dem Gesundheitssystem auch andere kritische Infrastrukturen auf die Probe gestellt, so auch das Telekommunikationsnetz. Millionen Menschen arbeiten im Home-Office, nehmen an Videokonferenzen teil oder streamen Inhalte von diversen Plattformen. Diese erhöhten Anforderungen an die Versorgung von Privathaushalten mit hohen Bandbreiten im Upload und Download geben einen Vorgeschmack auf die Bedarfe der Zukunft. Der direkte Anschluss der einzelnen Wohnungen, die bisher über Kupferleitungen versorgt wurden, mit Glasfaser (FttH) ist hierbei die einzig zukunftssichere Technologie.

Um den in vielen europäischen Ländern noch schleppend verlaufenden Ausbau von FttH zu fördern, hat die Europäische Kommission mit ihrem neuen Breitbandziel für 2025 impliziert verfügt, dass Anschlusstechnologien auf Kupferbasis nicht mehr verwendet werden sollen. Ihre Begründung, dass der Wechsel zu FttH-Netzen sonst verzögert werden könnte, fußt auf der Annahme, dass kupferbasierte Anschlusstechnologien substitutiv auf den FttH-Ausbau wirken, diesen also ersetzen. Der Technologie-Wettbewerb zwischen Glasfaser und Kupfertechnologien (insb. Vectoring) wurde in der ökonomischen Forschung bislang jedoch nicht untersucht.

Wechselwirkungen zwischen Glasfaser und anderen Übertragungstechnologien

Eine aktuelle Studie des DICE widmet sich dieser Forschungslücke und analysiert empirisch die Wechselwirkungen zwischen FttH-Ausbau und der Verfügbarkeit alternativer Technologien. Untersucht wird, ob ein Verbot von kupferbasierten Anschlusstechnologien zielführend ist und wie der Glasfaserausbau effektiv gefördert werden kann. Hierzu werden Ausbaudaten aus dem deutschen Breitbandatlas auf Gemeindeebene für die Jahre von 2013 bis2017 verwendet. Zu Beginn des Betrachtungszeitraumes fällt auf, dass Glasfaserausbau bis dahin nur spärlich stattgefunden hatte und sich punktuell auf Ballungsgebiete konzentrierte, während die Abdeckung mit der kupferbasierten Vectoring-Technologie deutlich ausgeprägter war (Abbildung 1). Auf dieser Basis allein lässt sich jedoch noch nicht auf einen systematisch substitutiven Zusammenhang schließen.

Die Regressionsanalyse ergibt ein anderes Bild: Ausgangsniveau und auch der Zuwachs der Abdeckung mit kupferbasierter Vectoring-Technologie haben einen positiven Effekt auf die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gemeinde mit FttH erschlossen wird. Eine höhere Abdeckung durch Vectoring signalisiert hier möglicherweise auch für FttH lukrative Ausbaugebiete oder stimuliert zunächst die Nachfrage nach breitbandigen Diensten, was wiederum einen FttH-Ausbau attraktiver macht. Neben diesen Effekten sind vor allem strukturelle Faktoren entscheidend. So findet FttH-Ausbau eher statt, wenn in der Nähe bereits eine andere Gemeinde erschlossen ist, das topographische Profil flach ist oder es sich nicht um eine abgeschiedene Gemeinde handelt. Auch eine relativ junge Bevölkerung induziert einen positiven Ausbaueffekt.

Der Ausbaueffekt eines möglichen Kupferverbots kann durch die Betrachtung von Gebieten erfasst werden, in denen Vectoring von 2013 bis 2017 aus technologischen Gründen nicht zur Verfügung stand. In diesen sogenannten Nahbereichen, das sind Gebiete mit 550 Meter Radius um den jeweiligen Standort eines Hauptverteilers (HVT), konnten private Haushalte nur auf Basis von Glasfaser oder Kabelnetzen mit breitbandigen Diensten von 50 Mbit/s Downloadgeschwindigkeit oder mehr versorgt werden. Im Rahmen dieser Analyse kann die Studie keinen signifikanten kausalen Effekt eines Kupferverbots auf einen FttH-Ausbau feststellen. Die Argumentation der EU-Kommission lässt sich vor diesem Hintergrund somit empirisch nicht fundieren.

Dieses möglicherweise ernüchternde Ergebnis lässt die Frage offen, mit welchem politischen Instrumentarium der FttH-Ausbau effektiv gefördert werden kann. Neben einer paneuropäischen Technologievorgabe der Kommission fördern die EU-Mitgliedsstaaten und im Falle Deutschlands auch die Bundesländer selbstständig den Infrastrukturausbau in ihrem Hoheitsgebiet. Die Breitbandsubventionen des Bayerischen Breitbandzentrums sind hier ein Paradebeispiel. Insgesamt wurden im Rahmen des Förderprogramms bis Ende 2018 Fördergelder in Höhe gut einer Milliarde Euro an 98 Prozent aller bayerischen Kommunen ausgezahlt. Diese Förderung wird in einer separaten Regressionsanalyse für das Bundesland Bayern analysiert und verdeutlicht den positiven Ausbaueffekt der Infrastrukturmaßnahme. Eine zusätzliche Förderung mit 100.000 Euro zwischen 2013 und 2015 hat die Wahrscheinlichkeit eines FttH-Ausbaus bis 2017 um 3 bis 4 Prozentpunkte erhöht. Verringerte man die Wirtschaftlichkeitslücke in den 1847 untersuchten bayerischen Gemeinden schrittweise also um jeweils 100.000 Euro, so würden pro Schritt etwa 65 zusätzliche Gemeinden mit Glasfaser bis zum Haus des Endkunden erschlossen.

Fazit

Die Quintessenz der Studie lässt sich somit wie folgt formulieren: Glasfaserausbau ist als teuerste Anschlusstechnologie stark von strukturellen, demographischen und auch topologischen Faktoren abhängig. Der Ausbau findet in lokalen Einzelprojekten statt, die diese lokalen Gegebenheiten berücksichtigen. Infrastruktursubventionen sind in der Lage, solche Einzelprojekte gezielt zu fördern. Vor diesem Hintergrund scheint es also nicht verwunderlich, dass eine allgemeine, in dem Fall sogar paneuropäische, Technologievorgabe lokale Strukturen nicht ausreichend berücksichtigen kann. Eine Einschränkung des verfügbaren Technologiemix ist jedoch besonders problematisch, wenn, wie in der vorliegenden Studie gezeigt, von technologischen Alternativen wie Kupfer auch positive Ausbauimpulse ausgehen. So würde der einzige Geschwindigkeitsvorteil von Kupfertechnologien gegenüber Glasfaser wegfallen: der des schnelleren Ausbaus. Auch hier dient das Bundesland Bayern als Paradebeispiel. Mit einem ausgewogenen Technologiemix und einem groß aufgelegten Förderprogramm wurde eine flächendeckende Breitbandversorgung sichergestellt, über die Ende 2018 bereits 3 Mio. Haushalte (47,9 Prozent) FttH-Verbindungen buchen konnten. Mit solchen Gigabit-Bandbreiten ist das Telekommunikationsnetz hinreichend für zukünftige Herausforderungen gewappnet, auch außerhalb von Krisenzeiten.

Dieser Beitrag wurde auch im DICE Policy Brief veröffentlicht.

DICE PUBLIKATION

Niklas Fourberg & Alex Korff (2020), Fiber vs. Vectoring: Limiting Technology Choices in Broadband Expansion, DICE Discussion Paper No. 334.

Kategorie/n: DICE-Meldung, Forschungkompakt
Verantwortlichkeit: