Chris-Carolin Schön war eine der ersten Wissenschaftlerinnen, die die Bedeutung der sogenannten „genomischen Selektion“ für die Pflanzenzüchtungsforschung erkannte und dafür einsetzte. Ausgehend von einer dichten Abdeckung molekularer Marker auf dem gesamten Pflanzengenom werden mit dieser Methode Merkmale der Pflanze mit bestimmten Genen in Verbindung gebracht. Mit diesen Informationen kann dann mithilfe statistischer Verfahren die Leistung von neu gezüchteten Pflanzen vorgesagt werden.
Der von Schön initiierte und koordinierte und vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderte Forschungscluster „Synbreed – Synergistic Plant and Animal Breeding“ erforschte die Einsatzmöglichkeiten der genomischen Selektion vor allem beim Mais. In diesem Rahmen entstanden eine dichte Karte molekularer Marker und tiefe Genomsequenzen von europäischem Mais. Wie genau die Leistungsmerkmale tatsächlich vorherzusagen sind, quantifizierte Schöns Forschungsteam ebenfalls sowohl experimentell als auch theoretisch.
Sen.-Prof. Dr. Peter Westhoff vom Department Biologie der HHU in seiner Laudatio: „Diese Arbeiten hatten eine immense Bedeutung, führten sie doch zu einer Neuorientierung der Züchtungsmethodik. Mit ihnen kann der Züchtungsgang beschleunigt und effektiver gestaltet werden. Sie haben auf die Zukunft gesehen erhebliches Potenzial für die Züchtungspraxis, um schnell klimaangepasste und -resiliente Sorten zu entwickeln.“
Als Pionierin der deutschen Pflanzenzüchtungsforschung arbeitete Prof. Schön im Rahmen vieler Projekte mit der HHU zusammen, unter anderem in den BMBF-geförderten Verbundprojekten OPTIMAIS, FULLTHROTTLE und MAZE. Zusammen mit Pflanzenphysiologen, -biochemikern und -molekularbiologen aus Düsseldorf wurde etwa eine Reihe von Genen identifiziert, die unter anderem die Kühle- oder Trockentoleranz des Mais beeinflussen.
Dekan Prof. Dr. Martin Heil: „Chris-Carolin Schön ist eine herausragende Pflanzengenetikerin mit internationaler Ausstrahlung. Seit vielen Jahren arbeiten die Düsseldorfer Pflanzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eng und erfolgreich mit ihr zusammen. Sie ist geschätzt als höchst innovative Forscherin, die viele Impulse für die gemeinsamen Projekte gegeben hat und diese vorantrieb. Daher ehren wir sie heute mit dem Ehrendoktortitel der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.“
Prof. Dr. Dr. h.c. Chris-Carolin Schön erwidert: „Die Kooperation mit den Kollegen aus Düsseldorf ist etwas ganz Besonderes. Wir bauen mit unserer interdisziplinären Forschung Brücken zwischen den biologischen Grundlagenfächern und den Agrarwissenschaften.“
Zur Person
Chris-Carolin Schön (geboren 1963 in Tübingen) studierte Allgemeine Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim und Crop Science an der Oregon State University in den USA (Master 1990). Sie promovierte 1993 in Hohenheim mit einer Arbeit zum Thema „RFLP Mapping in Maize (Zea mays L.): Quantitative Trait Loci Affecting Testcross Performance of Elite European Flint Lines“. Anschließend arbeitete sie bis 1996 bei der KWS Saat SE und übernahm dann die Leitung der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim. Im Jahr 2006 habilitierte sie dort im Bereich Pflanzenzüchtung. Seit 2007 ist sie Lehrstuhlinhaberin für Pflanzenzüchtung an der Technischen Universität München.
Prof. Schöns Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Agrarwissenschaften, Pflanzenzüchtung, Quantitative Genetik, genetische Vielfalt und Klimaresilienz. Sie war eine der ersten Genetikerinnen, die das Potenzial der genomischen Selektion für die Pflanzenzüchtung erkannten. Darüber hinaus zählt sie zu den Pionierinnen, die die quantitativ-genetische Analyse agronomisch relevanter Eigenschaften mit molekularbiologischen, physiologischen und biochemischen Ansätzen zusammenführte. Aktuell ist sie Sprecherin des BMBF-geförderten Projektverbunds „MAZE – Accessing the genomic and functional diversity of maize to improve quantitative traits“. Sie veröffentlichte mehr als 100 Artikel in begutachteten Journalen, unter anderem in PNAS, Nature Communications, Nature Genetics, Genome Biology, Plant Cell und Genetics.
Prof. Schön ist Mitglied verschiedener Fachgremien und -gesellschaften, Beiräte und Kommissionen, sie war etwa Vorstandsmitglied und Präsidentin der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung e.V. und Senatsmitglied bei der DFG. Seit 2018 gehört sie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina an, seit 2020 auch der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften e.V. (acatech). Zu ihren Auszeichnungen zählen unter anderem die Heinz Maier-Leibnitz-Medaille der TU München (2009), die Max-Schönleutner-Medaille (2016) und der Bayerische Verdienstorden (2018).