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Transparenz und Alternativen zu Tierversuchen
Statement zur Tierforschung an der HHU

Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist dem wissenschaftlichen Fortschritt zum Wohl der Menschheit verpflichtet. Die Tierforschung ist, wie an den meisten universitätsmedizinischen Standorten, noch unentbehrlich sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der Entwicklung neuer Therapie- und Behandlungsansätze. Entgegen anderslautender Behauptungen sind Tierversuche nicht in allen Bereichen ersetzbar. Die Hochschulleitung der HHU stellt sich daher auch bei diesem sensiblen Thema hinter ihre Forscherinnen und Forscher.

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Tierforschung (Symbolbild)

Einige Organisationen fordern das vollständige Verbot von Tierversuchen in Deutschland, weil sie per se „grausam“ seien und keine wissenschaftlichen Erkenntnisse brächten. Diese Sichtweise übersieht, dass der medizinische Fortschritt der letzten Jahrzehnte dazu geführt hat, dass alleine in Deutschland Millionen Menschen erfolgreich behandelt und geheilt wurden. Das wäre ohne Tierforschung nicht möglich gewesen. Tierversuche sind nicht in allen Bereichen ersetzbar, weil die Reaktionen eines hoch komplexen Säugetier-Organismus nicht am Computer oder in Petrischalen verlässlich und vollständig simuliert werden können.

Es ist zutreffend und den Forschenden selbstverständlich bewusst, dass die Ergebnisse der meisten Tierversuche nicht sofort und eins zu eins auf den Menschen übertragbar sind. Aber: Medizinische Verfahren (z. B. Organtransplantationen, das Einsetzen von Herzklappen, Stents oder die Dialyse) wurden am Tiermodell entwickelt; sie werden bis heute erfolgreich eingesetzt. Wer sich das vor Augen führt, wird die Sinnhaftigkeit kaum hinterfragen. Hinzu kommt: Medikamente und Impfstoffe müssen – das ist gesetzlich vorgeschrieben – vorab im Tierversuch getestet werden. Jede Medizin aus der Apotheke ist mithilfe der Tierforschung entstanden. Dies gilt für Schmerztabletten ebenso wie für die Krebsbehandlung. In jedes dieser Medikamente sind die Erkenntnisse aus den Tierversuchen eingeflossen.

Kam die Diagnose Leukämie bei Kindern noch vor 40 Jahren nahezu einem Todesurteil gleich, liegen heute die Überlebenschancen bei annähernd 90 Prozent (Deutsche Kinderkrebshilfe e.V.). Das wäre ohne Tierversuche, mit deren Hilfe Entstehung und Risikofaktoren nach und nach identifiziert werden, niemals möglich. Versuche an Mäusen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Medizinischen und Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der HHU konnten helfen, Schutzmechanismen zu identifizieren und Therapien weiter zu verbessern. Die wichtigsten Trends der aktuellen Krebsforschung entstanden auch durch diese Forschung: die genetisch definierte individualisierte „Präzisionstherapie“ und die Einbeziehung des individuellen Risikoprofils jedes einzelnen Kindes. Sie werden die Heilungschance betroffener Kinder weiter verbessern.

Es ist auch vor diesem Hintergrund unhaltbar zu behaupten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler handelten egoistisch und gedankenlos. Im Gegenteil: Es geht bei der Tierforschung um Erkenntnisse für das Allgemeinwohl. Jedem einzelnen Tierversuch geht eine sorgfältige rechtliche und ethische Prüfung voraus.

Die Werbeunterlagen an Informationsständen von Tierversuchsgegnern zielen auf unsere Emotionen. Die Bilder, die zum Thema Tierversuche seitens der Aktivisten verwendet werden, sind traurig, häufig grausam und verstörend – als basiere Tierforschung nicht auf ethischen Grundsätzen, sondern würde willkürlich und ohne Betäubung oder Schmerzmittel durchgeführt.

Entsprechende Illustration und sogar blutverschmierte Kuscheltiere sollen die emotionale Empörung weiter erhöhen. Wissenschaftliche Falschinformationen gehören ebenso zum Programm einiger Tierversuchsgegner. So wird häufig behauptet, dass die Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2 („Corona“) nur deshalb so schnell entwickelt wurde, weil sie nicht an Tieren getestet wurde. Diese These ist unhaltbar.

Transparenz an der HHU

Durch die Beteiligung an offenen Diskussionen mit Studierenden und den Medien will die HHU die Transparenz und Akzeptanz in diesem Forschungsbereich verbessern und eine Grundlage für weitere Diskussionen zu schaffen.

Gemeinsam mit den Tierschutzbeauftragten der HHU bietet die Hochschulleitung dem AStA (Studierendenvertretung) seit Jahren regelmäßig eine Führung durch die ZETT (Zentrale Einrichtung für Tierforschung und wissenschaftliche Tierschutzaufgaben) an. Hier wird den Studierenden in einem mehrstündigen Programm jede Tierart direkt vor Ort gezeigt sowie alle Arten von Räumlichkeiten, in denen Tierforschung an der HHU stattfindet, zugänglich gemacht. Die Führung endet erst, wenn alle Fragen beantwortet sind. Beschwerden über Unregelmäßigkeiten oder Kritik durch die Teilnehmenden gab es bislang (Stand: Juni 2023) nach keiner Führung.

Die ZETT verfügt über eine eigene Website. Hier werden die Grundsätze und Ziele der Tierforschung an der HHU erklärt. Über E-Mail können dort Fragen an die Verantwortlichen gestellt werden. Die HHU ist zudem Mitglied im 3R-Kompetenznetzwerk NRW. Sie verpflichtet sich, nach dem ethischen 3R-Prinzip vorzugehen: Replace (Tierforschung vermeiden), Reduce (Tierforschung verringern) und Refine (Tierforschung verbessern). Diese Handlungsgrundsätze begrenzen die Zahl der Versuche und verringern Schmerzen soweit wie möglich.

Auch Journalistinnen und Journalisten unabhängiger Medien konnten die ZETT schon besuchen und ausführlich darüber berichten. Ein umfassender Beitrag zur HHU-Tierforschung ist nach einer mehrstündigen Führung von Medienvertretern in der Rheinischen Post erschienen. Die PDF-Seiten sind unten verlinkt. In dem Artikel wird ausgewogen über das Pro und Contra Tierforschung berichtet; Beanstandungen seitens der Redaktion gab es auch hier nicht.

Wann wird an der HHU am Tier geforscht – und welche Alternativen gibt es?

Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie unerlässlich sind. Jeder Tierversuch an der HHU wird entsprechend auf dessen Alternativlosigkeit überprüft. Jedes Vorhaben wird vom Tierschutzbeauftragten überprüft und im behördlichen Genehmigungsverfahren von einer gesetzlich vorgegebenen Kommission unterstützt, der auch Mitglieder verschiedener Tierschutzorganisationen angehören.

Zugleich steigt die Qualität und die Anzahl von Alternativmethoden. Dabei werden, wann immer eine ähnlich hohe Aussagekraft zu erwarten ist, beispielsweise Zellkulturen, „Mini-Organe“ (so genannte Organoide) oder Computersimulationen genutzt. Auch an der HHU kommen Alternativmethoden zum Einsatz. Sie sind dem Tierversuch aus ethischen, gesetzlichen, aber auch aus finanziellen Erwägungen immer vorzuziehen. Kein Tierversuch wird genehmigt, wenn eine tierfreie Alternative zur Verfügung steht.

Die Entwicklung von Alternativen zum Tierversuch wird konkret von Forscherinnen und Forschern an der Medizinischen Fakultät der HHU aus unterschiedlichen Bereichen betrieben. Ein Beispiel: Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ellen Fritsche, Leibniz-Institut für Umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf und Mitglied der Medizinischen Fakultät der HHU, bearbeitet aktuell allein zwölf laufende Projekte, die sich mit Alternativen zum Tierversuch befassen.


Quellen und weiterführende Informationen:

TV-Beitrag: Tierversuche: Welches Leben retten wir?
MAITHINK X vom 23. Oktober 2022 mit Dr. Mai Thi Nguyen-Kim

Leukämie durch Infektionen?
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung vom 08.09.2017 [PDF]

Das Tierversuchslabor der Universität
Rheinische Post, 13. Januar 2017 [PDF]

Allgemeine Informationen zu Tierversuchen:
https://www.tierversuche-verstehen.de

„Nein, Corona-Impfstoffe haben Tierversuche nicht übersprungen“
AFP-Faktencheck, 1. September 2021

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Kategorie/n: Medizinische Fakultät, Schlagzeilen, Alumni-News
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